Tag 7 – von Einbeck nach Göttingen – mit Boxenstopp

Gerade hat tumblr meinen gesamten, bereits getippten Text gelöscht. 1,5 Stunden Arbeit futsch. Eine schockierende Erfahrung. Immerhin habe ich infolgedessen nun gelernt, wie man sicherheitshalber zwischendrin immer wieder Entwürfe auf tumblr speichert. Von vorn also:

Der Vormittag begann mit der Besichtigung von Einbeck – so, wie ich es mir am Vorabend vorgenommen hatte. Obwohl es morgens noch regnete, sollte der Wetterbericht Recht behalten: Der ganze Tag wurde sonnig.

Einbeck ist natürlich SEHR faszinierend: Überreiche Dekorierung mit figürlich gestalteten Holzornamenten, Symbolen und Inschriften an den Häusern, die regelmäßig aus Fünfzehnhundertsoundso stammen: Anfang des 16. Jahrhunderts brannte Einbeck nämlich aus, doch die damals bereits sehr wohlhabenden Bewohner bauten alles gleich sehr hochwertig wieder auf!

Einbeck war, wie ich ja bereits erwähnt hatte hauptsächlich eine Stadt des Bieres. Jedes ca. zweite Haus hatte ja die Bierbrau-Lizenz, und man kann an den Fassaden noch heute ablesen welche Häuser das waren: Sie haben jeweils eine riesige Einfahrt in der Fassade. Oben in den Fotos sieht man so eine Einfahrt, die freilich in jüngerer Zeit an heutige Erfordernisse angepasst wurde. Manche sagen, die breiten Einfahrten seien für die Fuhrwerke mit den Fässern so gebaut worden, andere sagen, es wäre dafür gewesen, daß man die Braupfanne in das Gebäude hineinbekommt. Womöglich haben beide Recht.

Zum Bierbrauen gibt es eine nette Geschichte über den berühmt/berüchtigten Till Eulenspiegel, der Einbeck mehrfach heimgesucht haben soll. Er ist auch unter Anderem an einem der Stadtbrunnen verewigt worden (siehe obige Fotos). Hier die Geschichte im Wortlaut:

Die 45. Historie sagt, wie Eulenspiegel in Einbeck ein Brauergeselle wurde und einen Hund, der Hopf hieß, anstelle von Hopfen sott. 

Eifrig machte sich Eulenspiegel wieder an seine Arbeit. Zu einer Zeit, als in Einbeck sein Streich mit den Pflaumen, die er beschissen hatte, vergessen war, kam er wieder nach Einbeck und verdingte sich bei einem Bierbrauer. Da begab es sich, daß der Brauer zu einer Hochzeit gehen wollte. Er befahl Eulenspiegel, derweilen mit der Magd Bier zu brauen, so gut er könne. Später wolle er ihm zu Hilfe kommen. Vor allen Dingen solle er mit besonderem Eifer darauf achten, den Hopfen wohl zu sieden, damit das Bier davon einen kräftigen Geschmack bekomme, so daß er es gut verkaufen könne. 

Eulenspiegel sagte: »Ja, gern«, er wolle sein Bestes tun. Damit ging der Brauer zusammen mit seiner Frau zur Tür hinaus.
Eulenspiegel begann, tüchtig zu sieden. Die Magd unterwies ihn, denn sie verstand mehr davon als er. Als es nun soweit war, daß man den Hopfen sieden sollte, sprach die Magd: »Ach, Lieber, den Hopfen siedest du wohl allein. Vergönne mir, daß ich für eine Stunde weggehe und beim Tanzen zuschaue.« Eulenspiegel sagte ja und dachte: Geht die Magd auch weg, so hast du Gelegenheit zu einem Streich; was willst du nun diesem Brauer für eine Schalkheit antun? 

Nun hatte der Brauer einen großen Hund, der hieß Hopf. Den nahm er, als das Wasser heiß war, warf ihn hinein und ließ ihn tüchtig darin sieden, daß ihm Haut und Haar abgingen und das ganze Fleisch von den Knochen fiel. Als die Magd dachte, daß es Zeit sei, heimzugehen und der Hopfen genug gekocht sei, kam sie und wollte Eulenspiegel helfen. Sie sagte: »Sieh, mein lieber Bruder, der Hopfen hat genug gesiedet, laß ablaufen!« Als sie nun das Sieb versetzten und mit einer großen Kelle zu schöpfen begannen, da sagte die Magd: »Hast du auch Hopfen hinein getan? Ich merke noch nichts davon in meiner Kelle!« Eulenspiegel sprach: »Auf dem Grund wirst du ihn finden.«  

Die Magd fischte danach, bekam das Gerippe auf die Kelle und begann laut zu schreien: »Ei, behüte mich Gott, was hast du darein getan? Der Henker trinke das Bier!« Eulenspiegel sagte: »Wie mich unser Brauer geheißen hat, Hopf, unsern Hund.« 

Währenddessen kam der Brauer betrunken nach Hause und sprach: »Was macht ihr, meine lieben Kinder, seid ihr guter Dinge?« Die Magd sagte: »Ich weiß nicht, was den Teufel wir tun. Ich ging eine halbe Stunde, dem Tanz zuzusehen, und hieß unsern neuen Knecht, den Hopfen derweilen gar zu sieden. Da hat er unseren Hund gesotten, hier könnt Ihr noch sein Rückgrat sehen.«  

Eulenspiegel sprach: »Ja, Herr, Ihr habt mich das so geheißen. Ist das nicht eine große Plage? Ich tue alles, was man mich heißet, aber ich kann keinen Dank verdienen. Welche Brauer man auch nehmen will: wenn ihr Gesinde nur die Hälfte von dem tut, was man es heißt, sind sie damit zufrieden.« 

Also nahm Eulenspiegel seine Entlassung, ging davon und verdiente nirgends großen Dank.”

Soweit also zu Till Eulenspiegel. Doch nun zurück zur Reise:

Mitten in Einbeck fand ich ein Haus mit zwei antiken Hakenkreuzen an der Fassade – neuzeitlich um den Hinweis ergänzt, es handle sich dabei um den Teil eines Familienwappens (siehe oben). Das fand ich interessant, denn bisher hatte ich geglaubt, das Hakenkreuz hätte es vor den Nazis lediglich z.B. in Indien gegeben, wo das wohl unter dem Namen “Sonnenrad” bekannt ist. Auch gibt es Buddha-Statuen mit Hakenkreuz.

Nachdem ich mir gleich nebenan für einen Euro (!) einen sehr guten Obstsalat gekauft habe, fahre ich weiter zu einem Fahrradgeschäft, das mir bereits (indes zu dem Zeitpunkt hatte es bereits für den Tag geschlossen) bei meiner gestrigen Anfahrt am Stadtrand aufgefallen war, und das mir zudem auch noch meine Hotelierin empfohlen hatte.

Ich wollte zum Fahrrdladen primär aus zwei Gründen: So machte meine Schaltung Zicken, eigentlich bereits seit ich das Fahrrad beim Verkäufer abgeholt hatte. Trotz vorhandenen Kenntnissen um die korrekte Einstellung von Schaltungen war es mir zu meinem zunehmenden Verdruss auf den bereits zurückgelegten Kilometern nie richtig gelungen, das Problem in den Griff zu bekommen.

Und außerdem hatte ich per Zufall entdeckt, daß mein Steuersatz lose war – ein Zustand, der temporär alle paar hundert Kilometer durch Festziehen der Muttern von Hand “behoben” werden kann, der dauerhaft jedoch nur mittels dem richtigen Werkzeug zum Justieren der Kontermuttern abzustellen ist.

Der Besuch dieses Fahrradladens brachte aber nicht nur eine Lösung dieser Probleme, sondern beseitigte unverhofft auch eine Anzahl anderer Themen, die mir auf meiner weiteren Reise durchaus hätten ernste Schwierigkeiten bringen können, und von denen ich vorher noch gar nichts gewusst hatte. Obwohl auf eine Woche mit Reparaturaufträgen ausgebucht, wurde mein Rad, da ich mich auf einer Tour befand und sozusagen ein “Notfall” war, dazwischengeschoben!

Was dann alles in Ordnung gebracht wurde, liste ich hier mal auf:

  • Die Schaltung machte die o.g. “Zicken”, da wie sich herausstellte das Ausfallende verzogen war – es wurde neu ausgerichtet.
  • Bei der Dreigangschaltung in der Nabe (SRAM DUALDRIVE) war der Schaltstift gehörig verbogen – er wurde gerichtet.
  • Die Bremsbeläge vorne und hinten waren ziemlich “runter” – wurden gegen neue ausgetauscht.
  • Der klappernde Fahrradständer wurde befestigt. Da mussten neue Schrauben und selbstsichernde Muttern rein.
  • Die Räder wurden zentriert, damit die Felgen nicht mehr an den Bremsbelägen scheuern.
  • Steuersatz festgezogen.
  • Rücklicht festgezogen.
  • Antriebskette neu geschmiert – das Trockenschmiermittel, das mir ein Fahrradladen in Hamburg empfohlen hatte, hatte es bei der stundenlangen Fahrt im Regen gestern komplett ausgewaschen.
  • Lagerspiel im Hinterrad wurde beseitigt. Dieses Spiel alleine hätte mir sonst auf der langen Strecke bis München die Lager zerstören können.

Und zu guter Letzt zeigte mir der sehr nette Monteur auch noch, wie ich die Federung an meinem Hinterrad werkzeuglos einstellen kann (sie war vorher immer zu weich für mich – der Vorbesitzer war wohl kleiner und leichter als ich).

Kurzum: Dieses Fahrradgeschäft ist in jeder Hinsicht empfehlenswert. City-Bike Einbeck, www.city-bike-einbeck.de

All das hat natürlich Zeit gekostet. Von dem her schaffte ich es an dem Tag nur bis Göttingen.

Göttingen, eine Studentenstadt: Überall junge Leute, frischer Wind in dem Laden, diverse Cafes, Restaurants und eine nette Altstadt mit zahlreichen Fachwerkhäusern, deren Stil indes bereits etwas strenger ausfällt als zuletzt in Einbeck.

Da ich auf die Schnelle kein empfehlenswertes, aber günstiges Hotel fand, probierte ich es diesmal erstmalig mit einer Jugenherberge.

Das kann ich rückblickend nur als bestenfalls “bedingt empfehlenswert” bezeichnen: Für vielleicht 15.- bis 25.- Euro Ersparnis musste ich mein Bett selbst beziehen, hatte ein SEHR kleines Zimmer, es gab bloß eine Etagendusche, und man sollte nach dem Frühstück auch noch seinen Tisch wischen. Also ich sach mal – gehen tut das Alles. Aber als “Sparmodell” im Urlaub halte ich das in Anbetracht der Abstriche, die man dafür machen muß für nicht unbedingt sinnvoll.